Was heute in Boulevardzeitungen und Illustrierten an Sensationen zu lesen ist, konnte man früher von den Bänkelsängern vor ihren bunten Bildtafeln hören. Es waren Geschichten von Räubern und Mördern, unglücklichen Jungfrauen und stolzen Mädchen, gefährlicher Leidenschaft und ewiger Treue, von Unglücksfällen und bitterem Abschied, von weitverschrienen Wildschützen und schlechten Weibern… nicht selten mit erhobenem Zeigefinger und moralischer Nutzanwendung.
Woher sie auch kamen, diese halbvergessenen Perlen – namenlos aus alter Zeit, aus beliebten Opern oder Singspielen, herausgegeben in Kalendern oder Jahrbüchern und komponiert von Menschen, deren Namen vergessen wurden – wo also auch immer ihre Quelle lag: alle diese Lieder wurden vom Volk ans Herz genommen und immer wieder gesungen, vom Norden nach Süden, vom Westen nach Osten. Sie schliffen sich ab im Laufe der Zeit, sie verloren Strophen oder nahmen neue auf, sie wechselten je nach Vorliebe ihre Melodien und endeten alle einmal, und das war kein schlechtes Schicksal, in der Küche.
Hier – also in der Küche beim Geschirrabwaschen und Erdäpfelschälen – haben Petra und Sibylle Schleicher ebenfalls ihre Liebe zu diesen Liedern entdeckt. Viele Texte stammen daher auch bei ihnen aus einer mündlichen Tradierung und haben durch authentische Pflege besonderen Wert.